Für Tag Nr. 4 auf Neobooks gibt es in Bezug auf meinen Text zunächst nicht viel Neues zu berichten. Mein Text wurde noch weitere 20 Male gelesen. Eine Rezension oder Empfehlung ist nach wie vor nicht zu verzeichnen.
Dafür bin ich über den Facebook Auftritt von Neobooks auf einen sehr interessanten Vortrag aufmerksam geworden, den der Berater & Blogger Leander Wattig im Forum Zukunft der Frankfurter Buchmesse gehalten hat. Diesen Vortrag hätte ich sehr gerne selbst gehört. Freundlicherweise hat Leander Wattig die dazugehörigen Folien in seinem Blog zugänglich gemacht, so dass man über die Piktogramme und Stichwörter die Präsentation zumindest in Oberbegriffen nachvollziehen kann.
Eigentlich steht der Vortrag unter der Überschrift „Freiwilliges Bezahlen als Chance für den Buchmarkt“. Für mich als Autor war der Teil ungemein aufschlussreich, den man vielleicht eher mit „freiwilliges Bezahlen als Chance für den Autor“ hätte überschreiben können.
Den Folien nach zu urteilen hat Leander Wattig in seinem Vortrag eine kurze, aber präzise Bestandsaufnahme für die finanzielle Situation von Autoren skizziert. Autoren suchen, so die entsprechende Folie, Sichtbarkeit: Sie suchen Leser und Feedback. Und sie brauchen Geld, sie brauchen ein Einkommen, um Zeit für das Schreiben zu haben. Eigentlich zwei Variablen, die im Zusammenspiel, in der Summe ein ausgeglichenes Ergebnis ergeben müssten. Leider geht diese Rechnung für die meisten Autoren selbst dann nicht auf, wenn sie es tatsächlich geschafft haben, einen Verlagsvertrag zu erhalten. Anders formuliert: es reicht nicht, gelesen zu werden, um auch weiterhin schreiben zu können.
Nach wie vor gilt, dass das aus dem Schreiben erzielte Einkommen der meisten Autoren keine ausreichende, finanzielle Grundlage für weiteres Schreiben bildet. Leander Wattig illustriert das anhand von Zahlen der Künstlersozialkasse zum gemeldeten Einkommen ihrer Versicherten. Das durchschnittliche Jahreseinkommen der aktiv Versicherten betrug demnach 16.458 Euro, bei Berufsanfänger lag der Betrag bei 13.654 Euro. Brechen Sie das doch einmal probehalber auf Ihren ganz persönlichen Lebensbedarf herunter- bzw. auf den monatlichen Bedarf Ihrer Familie. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang natürlich auch die Betrachtung, wer denn alles sein Einkommen in diese Bemessung einmeldet. Im deutschsprachigen Raum bezieht die Top 10 der professionellen Schriftsteller rund 41 Prozent der Gesamteinnahmen. Das tatsächliche Durchschnittseinkommen von Autoren fällt also nochmals um ein Vielfaches geringer aus, wenn man diese Topverdiener aus dem Durchschnitt herausnimmt.
Wattig illustriert diese Zahlen mit zahlreichen Zitaten verschiedener Autoren. So lässt er beispielsweise Katharina Hacker zu Wort kommen, die im Jahr 2006 mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde: „Lesungen spielen eigentlich die kontinuierlichste Rolle für uns Autoren“ (…) „Das, was ich an den Büchern verdiene, überhaupt nicht. Bis zum Buchpreis waren das derart minimale Summen, dass ich nicht damit rechnen konnte, mehr als einen Monat davon leben zu können.“ Lesungen sind sicher für viele Autoren eine, wenn nicht die einzige, kontinuierliche Einkommensquelle. Dazu kommt häufig, wie in meinem Fall, das Schreiben für den Rundfunk, also beispielsweise von Hörspielen oder Features.
Neben der präzisen Analyse finde ich vor allem die Ideen sehr anregend, die Leander Wattig als mögliche Auswege aus diesem Zustand entwickelt. Welche weiteren Faktoren kann ein Autor addieren, um die Summe Einkommen – Schreibzeit in Ausgleich zu bringen? Leander Wattig nimmt im Schwerpunkt Flattr und Kachingle in den Focus. Ich selbst glaube zwar eher, dass Flattr & Co. wiederum den bereits bekannten Autoren einen nennenswerten Zusatzverdienst bescheren dürften. Warum sollte das bei Schriftstellern anders sein als beispielsweise bei Blogs, bei denen auch eher die bereits etablierten Blogs mit großer Reichweite mit Flattr oder Kachingle substantiell Geld verdienen können?
Trotzdem ist die Idee hinter Flattr & Kachingle faszinierend. Wie der von Leander Wattig zitierte Tim Pritlove schreibt: „[ich] kann nur Feststellen, dass sich wohl meine These, warum Leute flattr benutzen, bestätigt: es ist weniger eine Entlohnung für Geleistetes als vielmehr eine Vorauszahlung für Kommendes. Man möchte, dass es weitergeht, dass der Begünstigte in die Lage versetzt wird, sich weiterhin den Dingen zu widmen, die Auslöser für die Zahlung waren.“ Wie kann man als Autor über die Vernetzungsmöglichkeiten im Internet von einer Art Vermassung des klassischen Mäzenentums profitieren? Wie ließe sich die Technologie Internet ganz unabhängig von Flattr & Co für die Aktivierung des eigenen, bereits vorhandenen Netzwerks aus Unterstützern & Begleitern einsetzen? Was müsste man den vielen Kleinstmäzenen im Netz bieten, um sich ihrer Unterstützung dauerhaft zu versichern? Oder wie Wattig es in seinem Vortrag formuliert: wie kann es gelingen, bereits den „Schreibprozess selbst zu monetarisieren“?
Witzigerweise bin ich nach der ersten raschen Durchsicht der Folien per Google bei einigen weiteren Beiträgen von Leander Wattig auf dem Blog der Buchmesse gelandet: einem Beitrag mit ersten Eindrücken zur StoryDrive Konferenz & einem Artikel über mögliche Portierung von sogenannten Game Mechanics auf das Medium Buch. Ich finde, man kann aus beiden Ansätzen auch ganz spannende Überlegungen für eine Unterstützerplattform im Internet entwickeln.
Danke an Neobooks fürs Verlinken der Folien & Danke an Leander Wattig für die zahlreichen Gedankenanstöße!
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