Im Radio kommt ein kleines Feature zum zweihundertjährigen Jubiläum des Melatenfriedhofs. Ich fahre mit dem Auto meine Strecke ab, höre dem Beitrag zu, und meine Gedanken treiben aus.
Der Auftakt des Features läuft ab. Zur Vorgeschichte des Friedhofs. Öffentliche Hinrichtungsstätte. Dass man hier die Erde eröffnet um seine Toten zu begraben, wo einmal der Richtblock gestanden haben mag. Hexenverbrennungen. Und natürlich folgt vom Sprecher auch Aufklärung über die Wortherkunft. Melaten von französisch malade. Vor den Toren der Stadt verbarg man auf Hof Melaten lange Zeit die Leprakranken. Heute werden also die Toten ihrer Krankheit wegen hier gehalten. Nur dürfen sie nicht wie die Leprakanken an bestimmten Tagen betteln gehen bei den Lebenden.
Für mich selbst ist Melaten eigentlich gar kein Ort der Toten. Ich habe niemanden hier begraben. Melaten ist ein geradezu lebendiger Ort für mich. Verknüpft mit den Besuchen von lieben Freunden, die auf ein paar Tage kommen und sich von mir mein Köln zeigen lassen. Ein halber Tag ist stets für einen Ausflug nach Melaten reserviert.
Vor allem aber: Melaten als ein Wegpunkt auf der Fahrt zur Arbeit. Viele, viele Jahre habe ich das Schreiben daheim im Kölner Süden gelassen und bin mit dem Rad zum Geldverdienen nach Braunsfeld gefahren. Daran musste ich eigentlich zuerst denken, als ich im Radio das Wort Melaten hörte. Das ist auch das erste, an das ich denke, wenn ich auf der Aachener Straße am Friedhof vorbei fahre. Ich habe schon ganz früh etwas von Melaten in einer meiner Erzählungen gehabt. Und solche Orte schreiben sich nicht nur ganz von selbst in die eigenen Texte. Gewissermaßen schreibt man sich auch selbst in diese Orte hinein. Es hat mir immer gut getan, auf dem Weg zur Arbeit an einem solchen Ort vorbei zu kommen. Ein freundlicher Wegpunkt, ein täglich wiederkehrender Hinweis auf das eigentliche, das richtige Leben.
Als kleiner Dank dafür ist hier jetzt also, als ein kleiner Beitrag zum Jubiläum, der Text dazu:
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